Viel besser hätte der Abschluss der Floorball-Weltmeisterschaft in Prag für Sascha Herlt kaum sein können. Nach seiner letzten Partie, dem Platzierungs-Match um Rang fünf gegen Lettland, wurde der 25-Jährige vom UHC Weißenfels vor rund 4.000 Zuschauern als bester deutscher Spieler des Tages ausgezeichnet. Nur die 3:5-Niederlage verdarb am Sonntagvormittag etwas die Feierlaune.
„Wir waren vom 1:6 im Viertelfinale gegen Finnland und dem 4:2 im ersten Platzierungsspiel gegen Dänemark die beiden Tage zuvor doch ziemlich platt. Und Morgenspiele sind nicht so wirklich mein Ding“, gab Herlt zu. Zwar habe das Team gegen die favorisierten Letten wieder gut gespielt, aber zu viele einfache Fehler gemacht. „Lettland hatte einfach mehr Biss, nachdem wir sie in der Vorrunde ja mit 5:4 geschlagen hatten“, analysierte Herlt.
Immerhin, mit Rang sechs gelang der deutschen Mannschaft mit den UHC-Spielern Max Blanke, Tim Böttcher, Matthias Siede und Philipp Weigelt in den Reihen die bisher zweitbeste Platzierung bei einer WM. „Insgesamt betrachtet, war es eine starke Leistung“, meint Herlt. Nur 2012 schnitt das Team mit Rang vier besser ab. Und in der Weltrangliste klettert Deutschland nun auf Platz fünf – hinter den vier Top-Nationen Finnland, Schweden, Schweiz und Tschechien, „die genau genommen eine Liga für sich bilden“, ordnet Herlt ein.
Für den BWL-Betriebsstudent der Weißenfelser Stadtwerke wird seine zweite WM nach 2014 jedoch vermutlich seine letzte gewesen sein. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass mit der Nationalmannschaft Schluss ist“, sagt Herlt. Seine Gesundheit gehe vor. Seit einer schweren Knieverletzung vor einigen Jahren, hat er immer wieder mit Problemen zu kämpfen. „Ich kam auch zu dieser WM mit einem geschwollenen Knie, wurde glücklicherweise rechtzeitig fit. Aber“, so der Allrounder, „die Intensität ist bei internationalen Turnieren wesentlich höher als in unserer Bundesliga.“ Schnelleres Tempo, mehr ruckartige Richtungswechsel, härtere Zweikämpfe – alles Gift für das empfindliche Gelenk.
Dieser extremen Belastung möchte sich Herlt künftig nicht mehr aussetzen. Komplett schloss er weitere Einsätze für Deutschland aber noch nicht aus. „Wenn das aktuelle Trainerteam weitermacht, stehe ich eventuell zur Verfügung.“ Beim UHC werde er hingegen auf jeden Fall noch eine Weile aktiv bleiben.
Neben Herlt stand am Sonntag ein weiterer UHC-Akteur im Fokus. Tim Böttcher, Kapitän des deutschen Teams, wurde vom nationalen Verband für seine Spiele 76 bis 83 im deutschen Dress geehrt. Seit acht Jahren gehört Böttcher zur Auswahl, erlebte in Prag seine fünfte WM. Kein Spieler ist länger dabei, wohl keiner hat mehr Partien für Deutschland absolviert. Zudem bestritt Böttcher in der U19 weitere 18 Länderspiele und zwei Jnioren-Weltmeisterschaften.
An einen Rücktritt denkt der 27-jährige Lehrer für Sport und Ethik nicht. „So lange ich mich nicht verletze, bleibe ich an Bord“, hält er fest. Die nächste WM, 2020 in Helsinki (Finnland), ist sein erklärtes Ziel. Womöglich könnte er dann die 100er-Marke knacken. Die sportliche Entwicklung seines Teams möchte Böttcher bis dahin weiter vorantreiben. Seine Vorgabe: „Das Halbfinale erreichen – am liebsten gegen Gastgeber Finnland.“
Die Titelverteidiger setzten sich am Sonntag im erneuten Finalduell gegen Rekordchampion Schweden vor mehr als 16.000 Zuschauern mit 6:3 durch. „So gesehen ist unsere 1:6-Niederlage gegen Finnland als krasser Außenseiter im Wert doch noch mal etwas gestiegen“, findet Böttcher und schmunzelt. Früher waren zweistellige Niederlagen üblich.
Er selbst traut seinem Team viel zu. „Wir haben eine junge Mannschaft mit Potenzial und Perspektive. Der Teamgeist ist hervorragend. Deutschland ist keine kleine Floorballnation mehr. Wir müssen nun selbstbewusster auftreten, selbst mehr mit dem Ball agieren. Dann“, so glaubt Böttcher, „kann es uns gelingen, einen der großen vier Nationen zu stürzen.“ Im Vorrundenmatch gegen Tschechien (5:10) habe man das mit einer dreimaligen Führung bis zum 3:2 nach 30 Minuten bereits angedeutet.
Dass bei der nächsten WM wieder Sportler des UHC Weißenfels dabei sind, davon geht Bundestrainer Remo Hubacher aus. „ Tim füllt die Rolle des Kapitäns optimal aus“, lobt der gebürtige Schweizer. Er hatte Böttcher bewusst dieses Amt anvertraut. Hubacher: „Mit seiner ruhigen Art führt er das Team auf und neben den Feld hervorragend.“ Auch Böttchers UHC-Kollegen spielen in der Planung weiter eine große Rolle. „Sofern wir als Trainer weitermachen dürfen, gehören die Weißenfelser zur Auswahl“, bestätigt der 39-Jährige.
Es könnten sogar noch mehr vom UHC dabei sein. Doch finanzielle oder berufliche Gründe sind für einige der deutschen Spitzenspieler nach wie vor ein Hemmnis. Rund 1.000 Euro musste jeder Spieler in die zweijährige WM-Saison mit Trainingslagern, Vorbereitungsturnieren sowie der Qualifikation investieren. Und das ist schon deutlich weniger, als das, was die Jahre zuvor an Eigenanteil bezahlt werden musste. Das geht bei den überwiegend sehr jungen Spielern nur mit Unterstützung der Familie. In Sachsen-Anhalt steuern der Landesverband sowie der UHC etwas bei, um die Kosten zu minimieren. Böttcher und Co. fangen auf jeden Fall schon einmal an, für ihre nächste WM zu sparen. Denn die erlebten Eindrücke seien unbezahlbar.
Fotos: Matthias Kuch (oben), IFF (unten)